Faktencheck

Windkraft Faktencheck

Grundsätzliches:

Jeder Eingriff des Menschen in seine Umwelt hat (meist) erwünschte Wirkungen und (oft) unerwünschte Nebenwirkungen. Der angerichtete Schaden fällt unweigerlich auf uns zurück, siehe Klimawandel. Daher müssen mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt, diskutiert und minimiert werden. (https://www.spektrum.de/kolumne/storks-spezialfutter-wer-windkraft-will-muss-kompromisse-machen/1766428 , https://www.scinexx.de/news/biowissen/veraendert-die-windkraft-lokale-nahrungsnetze/).

Leider dienen sie oft auch – interessengesteuert – als Grundlage für Falschinformationen.  Zur Versachlichung der Diskussion über Windkraft hier eine Zusammenstellung der „Nebenwirkungen“ mit Vorschlägen zur Problemlösung aus seriösen Quellen.

1.) Lärmbelästigung:

Die rotierenden Flügel eines Windgenerators verursachen natürlich Geräusche, die als störend empfunden werden können. Lärm macht bei dauerhafter Einwirkung krank. Die Lärmemission von Windkraftanlagen ist gesetzlich geregelt (https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachbarschaftslaerm-laerm-von-anlagen/laerm-von-windenergieanlagen). Für Windkraftanlagen beträgt tagsüber der Grenzwert 55 Dezibel und ist damit der gleiche Wert wie für Straßenverkehrslärm innerhalb von Städten. Auch das ist ungesund, aber vor der viel ruhigeren Geräuschkulisse auf dem Land wird dieser Wert als besonders laut empfunden. Die Intensität der individuellen Wahrnehmung ist allerdings sehr unterschiedlich.

>> Schutzmaßnahmen:

Abstandsregelungen sollen vor störenden Geräuschen schützen. Einen allgemein gültigen Mindestabstand zur Wohnbebauung kann man aber aus den Grenzwerten zum Lärmschutz nicht ableiten. Der nötige Abstand ist in der Regel weit weniger als die über zwei Kilometer, die sich aus der bayerischen Sonderabstandsregel 10H ergeben, und auch weniger als die 1.000 Meter Mindestabstand, die Nordrhein-Westfalen bisher vorschrieb. Technische Verbesserungen für mehr Lärmschutz sind besser schallgedämmte Gondeln, wie bei Flugzeugen sind die Flügelspitzen nach oben gebogen, die Kanten der Rotorblätter sind gezackt, was ein Abreißen des Luftstroms verhindert. Durch diese Verbesserungen der Aerodynamik laufen die Windräder leiser und produzieren effizienter Strom (https://www.br.de/nachrichten/wissen/wie-laut-sind-windraeder-wirklich,T47zK3s). Abhilfe bringt auch eine Technik, die sich verschiedenen Geräuschfrequenzen anpasst und sie durch Gegenschwingungen („Negativschwingungen“) neutralisiert (https://www.spektrum.de/news/antischwingungen-sollen-windkraftraeder-verstummen-lassen/964559 ). Eine Auslagerung in Naturschutzgebiete, Wald und Gewässer kann aber nicht die Lösung sein, denn das widerspricht dem Artenschutz.

2.) Infraschall:

Angeblich verursacht der von Windgeneratoren emittierte Infraschall gesundheitliche Beeinträchtigungen. Dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege.

Auf der Basis einer 2005 erschienenen Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) behaupten Windkraft – und Energiewende-Gegnern wie u.a. EIKE, Vernunftkraft, Windwahn das Gegenteil. Nachdem die Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTB erhebliche Rechenfehler nachgewiesen hat und weitere Studien seriöser Institute weltweit zu einem anderen Ergebnis kamen, wurde diese Studie von der BGR zurückgezogen. Dennoch verbreiten Energiewende-Gegner weiterhin diese Falschinformation (u.a. DIE WELT AM SONNTAG, n-tv)          (https://www.asu-arbeitsmedizin.com/wissenschaft/eine-kritische-analyse-des-artikels-von-w-roos-und-c-vahl-infraschall-aus-technischen , https://www.springerprofessional.de/energie—nachhaltigkeit/umweltschutz/keine-infraschall-belastungen-durch-windparks-messbar/18632332 , https://www.bayceer.uni-bayreuth.de/infraschall/de/windenergi/gru/html.php?id_obj=157722 , https://julkaisut.valtioneuvosto.fi/handle/10024/162329 , https://www.bundestag.de/resource/blob/657038/05e0a36c803110ae446a7c04dc4e1f6a/WD-8-099-19-pdf-data.pdf ).

Gerne übersehen wird bei der überhitzten Diskussion dieses Themas der Infraschall, dem wir überall ausgesetzt sind.  Jedenfalls liegt der von Windkraftanlagen ausgehende Infraschall bereits zwischen 150 und 300 Metern deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle. (https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/-/bericht-tieffrequente-gerausche-und-infraschall-von-windkraftanlagen-und-anderen-quellen-veroffentlicht- )

3.) Periodischer Schattenwurf/„Stroboskop-Effekt“

Der Stroboskop- oder Disco-Effekt kann gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen, vor allem bei langfristiger Exposition.

>> Schutzmaßnahmen:

Der Schattenwurf unterliegt Immissionsschutzregelungen (Faktencheck des Bundesverbands WindEnergie-/ https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/01-mensch-und-umwelt/01-windkraft-vor-ort/Faktencheck_Mythen_und_Fakten_zur_Windenergie_2021_final.pdf) . Wenn der periodische Schatten einer Windanlage länger als 30 Stunden pro Jahr oder 30 Minuten pro Tag auf ein Wohnhaus fällt, muss sie vorübergehend abgeschaltet werden. Der Discoeffekt entsteht durch die periodische Sonnenlichtreflektion der Rotoren. Dieses lässt sich einfach durch einen nicht reflektierenden Anstrich verhindern.

4.) Vogelschlag:

Angeblich seien Windgeneratoren Vogelschredderanlagen.  Genaue Untersuchungen haben ergeben, dass dies sehr übertrieben ist. Tatsächlich kommen Vögel an Windkraftanlagen zu Tode, im Fokus stehen vor allem große Vögel wie der Rotmilan. Für kleine Vögel droht nur Gefahr, wenn die Anlage ein Hindernis beim Vogelzug darstellt. Aber ein aktuelles EU-Forschungsprojekt ergab folgende Todesursachen des Rotmilans: 1. Fressfeinde, 2. Vergiftung, 3. Straßenverkehr, 4. Stromleitungen, 5. Abschuss, 6. Schienenverkehr, 7. Windkraft.                                                  (https://www.life-eurokite.eu/de/aktuelles.html ,  https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/rotmilan-windkraft-100.html)

>> Schutzmaßnahmen:

Der Schaden für Vögel und Fledermäuse lässt sich wirkungsvoll begrenzen durch die richtige Standortwahl . Problematisch sind Wälder und Gewässer. Standorte im Wald dürfen nicht mehr generell ausgeschlossen werden (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-088.html ),  sie unterliegen aber speziellen Einschränkungen in Einzelfallprüfungen (https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/leitfaden_wind_im_wald.pdf).
Eine weitere Problemlösung bietet das zeitweilige Abschalten der Anlage (https://bergenhusen.nabu.de/forschung/windenergie-und-voegel/ ).  Ein intelligentes Kamerasystem im Turbinenfeld kann anfliegende Vögel registrieren und den Rotor stoppen (https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/1365-2664.13831(https://www.spektrum.de/news/technik-soll-voegel-bei-windkraft-schuetzen/1829104 ). Forscher des Norwegian Institute for Nature Research haben  ein Geoinformationssystem entwickelt, das die Windsituation punktuell bestimmen kann. Damit soll sich die Vereinbarkeit der Stelle eines geplanten Windkraftparks mit dem Artenschutzprüfen lassen (https://www.nina.no/english/News/News-article/ArticleId/5037/S-229-effektive-er-tiltakene-for-fuglevennlig-vindkraft).

Die Unfallhäufigkeit kann auch stark reduziert werden, wenn die 3 Rotorblätter (oder sogar nur eins) schwarz lackiert sind, wenn der Turm der Windkraftanlage gemustert bemalt ist und durch die Installation von Lampen, die UV oder violettes Licht aussenden.  (https://www.spektrum.de/news/schwarze-rotorblaetter-verringern-vogelsterben/1763028 , https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ece3.6592).

5.) Fledermäuse:

Tatsächlich kommen Fledermäuse an den Windgeneratoren viel häufiger zu Tode als Vögel. Betroffen sind höher fliegende Arten auf ihren Wanderungen, nicht aber das Große Mausohr. Direkte Kollisionen mit den Rotoren sind selten, aber der plötzliche Unterdruck, der von einem vorbeirauschenden Rotorblatt erzeugt wird, lässt ihre Lungen extrem expandieren, sodass sie aufgrund von Gefäßrissen innerlich verbluten (Barotrauma) (https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/wissen/15018.html ).

>> Schutzmaßnahmen:

Die Hauptaktivität der Tiere liegt in den ersten Stunden nach der Abenddämmerung, vorzugsweise bei schwachen Winden. In dieser Zeit ist auch die Stromproduktion sehr gering. Die Problemlösung besteht nun darin, dass mit Hilfe des Programms „Bat Shield“ die Anlage abhängig von verschiedenen Parametern wie Tageszeit, Wetter oder eben Windgeschwindigkeit gesteuert wird. Im ersten Jahr einer entsprechenden  Studie wurde die Zahl der toten Fledermäuse um 90 Prozent reduziert.( https://www.spektrum.de/news/windkraft-bat-shield-soll-fledermaeuse-schuetzen/1309537, http://www1.udel.edu/udaily/2015/sep/wind-turbine-study-091614.html). Ein merkwürdiges Phänomen ist, dass sich die Häufigkeit von Fledermäusen erhöht, nachdem in einem Gebiet ein Windpark  gebaut wurde. Eine mögliche Ursache ist, dass sie dort mehr Beutetiere, also Insekten finden (siehe Insektensterben).

6.) Insektensterben:

Eine DLR-Studie (Zentrum für Luft- und Raumfahrt) von 2018 legt die Vermutung nahe, dass auch Fluginsekten den Rotoren zum Opfer fallen könnten (https://www.dlr.de/tt/Portaldata/41/Resources/dokumente/st/FliWip-Final-Report.pdf). Das kann vor allem in großen Schwärmen wandernde Insektenarten treffen, die in Höhen von 20 bis 220 m fliegen. Zu diesem Problem gibt es zurzeit nur Modellrechnungen, aber keine Messdaten. Forscher halten den Einfluss der Windräder auf das allgemein feststellbare Insektensterben für sehr gering. Hierfür sind Beeinträchtigung und Verlust ihrer Lebensräume, Pestizide, eingeschleppte Arten und der Klimawandel hauptverantwortlich, zumal das Insektensterben schon lange vor dem massiven Windkraftausbau festzustellen war.

>> Schutzmaßnahmen:

Untersuchungen ergaben, dass die Wärme der Generatoren einige Insektenarten anzieht, aber sie werden wahrscheinlich auch von der Farbe der Rotorblätter angelockt: Die üblichen Farben Weiß und Hellgrau wirken anziehend auf Insekten im Gegensatz zu Violett.  Mit einem violetten Anstrich reduziert sich die Lockwirkung auf Insekten und somit auch auf Insektenfresser unter den Vögeln und den Fledermäusen.(https://link.springer.com/article/10.1007/s10344-010-0432-7). Die rote Beleuchtung, die den Flugverkehr warnt, könnte auch Insekten anlocken. Daher wird bei neueren Anlagen das Rotlicht nur noch angeschaltet, wenn sich ein Flugzeug nähert.( https://www.spektrum.de/news/verursacht-die-windkraft-das-insektensterben/1639550 , https://www.bfn.de/suche?k=insekten).

7.) Nachhaltigkeit:

Da die Rotorblätter aus Verbundstoffen (GFK: Glasfaserverstärkte Kunststoffe)bestehen, ist ein Recycling ausgedienter Exemplare nicht einfach; – immerhin sind sie weder giftig noch radioaktiv! Seit 2005 ist die Deponierung von GFK-Abfällen gesetzlich verboten und zur Ressourcenschonung ist Recycling natürlich sinnvoll. Es gibt auch bereits einige Lösungen zum Auftrennen der Materialien  ( https://www.fibreglass-recycling.eu ) und ( https://www.cleanthinking.de/continuum-recycling-rotorblaetter-windraeder-zu-hochleistungsplatten/ ).  Alternativ arbeitet die RWTH Aachen an leichteren und nachhaltigeren Rotoren aus Granit (https://www.ita.rwth-aachen.de/go/id/sjrcd ). Besser als vollständiger Rückbau ist das Repowering, also die Ertragssteigerung durch das Austauschen von Anlagenbestandteilen gegen modernere (https://www.enbw.com/unternehmen/eco-journal/was-bringt-repowering.html ).

8.) SF6 (Schwefelhexafluorid)

In vielen elektrischen Schaltanlagen im Mittelspannungs- und Hochspannungsbereich ist SF6 als Schutzgas enthalten, obwohl sein sehr hohes „Treibhaus“-Potential schon lange bekannt ist. Erst im  November 2000 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der deutschen Wirtschaft eine selbstverpflichtende Vereinbarung getroffen die Emissionen von SF6 zu minimieren (https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/fluorierte-treibhausgase-fckw/schaltanlagen-0 , https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2503/dokumente/endbericht_sf6_de.pdf ).  Die Emissionen an SF6 bei Produktion und Verwendung in Deutschland sind seitdem deutlich zurückgegangen. Klimaverträgliche  Ersatzstoffe sind schon lange bekannt und bereits im Einsatz (https://crushtymks.com/energy-and-power/610-34-questions-and-answers-to-break-the-myth-about-sf6-gas-in-electrical-equipment.html , https://press.siemens.com/global/de/pressemitteilung/windpark-nimmt-erste-sf6-freie-siemens-hochspannungsschaltanlage-gis-betrieb ). Für Dienststellen des Bundes  sind ab dem 1. Januar 2022 SF6-basierte Mittelspannungsanlagen verboten (https://www.datacenter-insider.de/sf6-verbot-auf-bundesebene-ein-schritt-in-die-richtige-richtung-a-1073958/ ).

9.) CO2-Einsparung

Ein gelegentlicher Kritikpunkt an Windgeneratoren ist, dass ihre Produktion, Herstellung und Entsorgung Energie benötigen und dabei auch Treibhausgase verursachen. Dieses Problem ergibt sich natürlich bei allen Gerätschaften in ihrem Herstellungsprozess. Dennoch ist die Einsparung von Emissionen aufgrund der großen Effizienz der Windgeneratoren fossilen und kerntechnischen Anlagen haushoch überlegen. (Umweltbundesamt, 2018, S. 33 / https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-10-22_climate-change_23-2018_emissionsbilanz_erneuerbarer_energien_2017_fin.pdf)

Ein Ärgernis ist zweifellos, dass zurzeit Stein- und Braunkohlekraftwerke als Reserve in der Grundlast verwendet werden. Diese können wie Atomkraftwerke nur im begrenzten Maße ihre Leistung an den Bedarf anpassen, da sie nicht kurzfristig zuschaltbar sind – im Gegensatz zu regenerativen Quellen. Diese sind aber abhängig von äußeren Bedingungen und können ihre Leistung aus diesem Grund nicht an den momentanen Bedarf anpassen, wenn weniger Sonne und Wind zur Verfügung stehen. In Zeiten starker Sonneneinstrahlung oder höherer Windgeschwindigkeit verschärfen sie dann aber das Problem des Stromüberschusses, werden in dieser Zeit abgeschaltet und ihre Stromproduktion durch CO2– emittierende Kraftwerke ersetzt. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Einsatz von Windrädern den CO2-Ausstoß vergrößere – er könnte aber noch stark gesenkt werden durch den Ausbau der Speicherkapazitäten in Form von Akkumulatoren und Pumpspeicherkraftwerken. Kurzfristig  zuschaltbar sind z.B. Biogasanlagen (https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/erneuerbare-energien-vermiedene-treibhausgase).

10.) Verspargelung der Landschaft:

Die Veränderung des Landschaftsbildes ist bei allen durch den Menschen oder die Natur verursachten Wandlungen gegeben. Wollte man dies vermeiden, so dürften auch keine Brücken, Straßen, Industrieanlagen oder Eigenheime mehr gebaut werden. Jedoch genügen nur zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands für die Gewinnung von Windenergie in ausreichendem Maße.  Aufgrund der Effizienzsteigerung moderner Windräder bedarf es dafür künftig immer weniger Windgeneratoren für dieselbe Leistung. (https://www.wind-energie.de/themen/politische-arbeit/weiterbetrieb-und-repowering/)

 

Faktencheck 2. Teil:  

Wir checken die Fakten zum Flugblatt „Kein Wind in Nümbrecht“

„1. Das Windrad in Hasenberg war eine große Fehlinvestition“

Bei Marienberghausen wurde 2002 eine WEA vom Typ ENERCON  E-40/6.44 errichtet. Diese Anlage hat eine Nennleistung von 600 kW, die Nabenhöhe beträgt 76m, der Rotordurchmesser 44m. Diese Anlagen waren gängig in den ersten Jahren der Windnutzung, aber sie erfüllten nur an den besten Standorten die Erwartungen.
Anlagen dieses Typs leisten dennoch einen guten Beitrag zur klimaneutralen Stromerzeugung. Die WEA in Hasenberg brachte eine Ertragsleistung von 705 MWh/a (705.000 kWh/a). In den 20 Jahren ihres Bestehens hat sie weit über 14 Mio kWh Strom geliefert hat- CO2 frei!1
Wir kennen die Finanzierung dieser Anlage nicht. Aber auch wenn die Rendite nicht so hoch wie erwartet war, eine Fehlinvestition war sie nicht.

Tatsächlich würde man heute diese Anlage so nicht mehr errichten, es bietet sich aber an, dort jetzt eine größere WEA zu bauen(Repowering). Der Standort auf ca. 300 m ü. NN ergibt bei geringen Nabenhöhe einen nur mäßigen Ertrag, die mittlere Windgeschwindigkeit liegt an diesem Standort in 100 m unter 6 m/sec.
Heutige Anlagen leisten jedoch ein Vielfaches. Der Ertrag steigt bei einer Verdoppelung des Rotordurchmessers um das Vierfache, bei 150 m Nabenhöhe herrscht auch in Marienberghausen am gleichen Standort eine Windgeschwindigkeit von 6,75 – 7,00 m/sec. Die Nennleistungen moderner Windenergieanlagen mit ca. 200 m Gesamthöhe liegen bei 4 – 9 Megawatt, damit wird eine Auslastung von ca. 3500 Volllaststunden/ Jahr erreicht.2

1 https://www.energieatlas.nrw.de/site/service/download_daten.

2https://www.energieatlas.nrw.de/site/planungskarten/wind

 „2. Aktuelle Studie der NZZ entlarvt Windparkbetreiber“

Die Datenanalyse der Neuen Züricher Zeitung beschreibt die meisten WEA als wenig „ausgelastet“. Dieser Begriff ist kaum aussagefähig. Jede Anlage arbeitet mehr oder weniger, abhängig von Standort und Windgeschwindigkeit. Es gibt gute und schlechte Windjahre. Allgemein nehmen die Tage mit überdurchschnittlichen Windgeschwindigkeiten im Klimawandel zu. Jedes Jahr hat 365 x 24  = 8.760 Stunden. Durchschnittlich laufen moderne WEA an guten Standorten 3.000 bis 3.500 Stunden/ Jahr mit voller Leistung. Die im Artikel beschriebene durchschnittliche „Auslastung“ von 24% beschreibt damit 2.100 Volllaststunden, eine realistische Zahl bei dem dargestellten Durchschnittsalter von 19 Jahren. Häufig müssen gut laufende WEA jedoch sogar abgeschaltet werden, wenn zuviel Strom im Netz ist. Dieser kommt von alten Kohle- und Atomkraftwerken, die bauartbedingt nicht schnell aus- oder eingeschaltet werden können und mit ihrer Produktion die Stromnetze verstopfen.
Durch Repowering und Neubau modernerer Anlagen steigt der Gesamtertrag der Windenergie kontinuierlich an. Beim Ersetzen einer Anlage mit 600 kW durch eine neue 4,5 MW Anlage steigt der Ertrag um den Faktor 15! 2022 haben alle deutschen Windkraftanlagen 125.122 Milliarden kWh erzeugt. Das ist die entscheidende Zahl.
„Ende 2021 lieferten 29.731 Windkraftanlagen an Land und auf See gemeinsam 23% des in Deutschland erzeugten Stroms. Der Wind leistete mit fast 122 Terawattstunden (Mrd. kWh) insgesamt den größten Beitrag zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und hätte damit rechnerisch knapp 35 Millionen deutsche Haushalte  mit Strom versorgen können.“ 3

3 https://strom-report.de/windenergie/#sources

„3. Keine Speicher in Sicht“

 Diese Aussage ist schlicht falsch. So hat RWE im niedersächsischen Lingen in diesen Tagen einen 49 Megawattstunden (MWh) Batteriespeicher und in Werne in Nordrhein-Westfalen sogar 79 MWh ans Netz angeschlossen. Allein an diesen zwei Kraftwerksstandorten wurden damit 117 MW Leistung und 128 MWh Kapazität realisiert. Diese sind so ausgelegt, dass sie sekundenschnell für rund eine Stunde die ausgelegte Leistung bereitstellen können.
„Nach eigenen Angaben betreibt der Energiekonzern aktuell Batteriespeicher mit rund 270 MW Leistung und 280 MWh Kapazität. Weltweit würden Projekte mit mehr als 700 MW Leistung/1700 MWh Kapazität umgesetzt. Bis 2030 sollen drei Gigawatt realisiert sein.“ 4

Zukünftig werden auch noch andere Speicherlösungen große Bedeutung erlangen. Die Power-To-Gas Technologie wandelt Windstrom in Wind-Spitzenzeiten in Wasserstoff oder Ammoniak um, die dann wiederum bei Flauten zur Energieerzeugung beitragen. E-Autos können über bi-direktionale Ladestationen als virtuelle Speicher Lastspitzen im Stromnetz ausgleichen. Viele weitere technische Lösungen sind im Erprobungsstadium oder werden bereits gebaut. Gleichzeitig wird der Netzausbau immer wichtiger, um Stromproduktion und -verbrauch europaweit ausgleichen zu können.

Der zitierte Prof. Sinn ist Wirtschaftswissenschaftler, seine kritischen Theorien zur Energiewende wurden vielfach widerlegt. Dennoch wird er regelmäßig von Windkraftgegnern zitiert. Sein Plädoyer für die Nutzung der Atomkraft wird selbst von den Energieunternehmen nicht unterstützt.

4 https://www.pv-magazine.de/2023/01/09/rwe-bringt-grossspeicher-mit-117-megawatt-ans-netz/

„4. Geringe Energiedichte von Wind und Sonne“

 Das ist physikalisch richtig, aber für die Energiegewinnung nicht wirklich relevant. Die Energiedichte des Windes steigt mit der Windgeschwindigkeit im Quadrat- die technische Lösung heißt also höher und an gut geeigneten Standorten bauen. In den letzten 20 Jahren hat es große technische Fortschritte bei den Rotoren, Generatoren und der Steuerung gegeben, und die technologische Entwicklung geht stetig weiter. Die Windgeschwindigkeit im Binnenland ist sehr genau bekannt und in Karten ablesbar.5 Die angegebenen Anlagenzahlen beziehen sich auf kleinere Anlagen, sie berücksichtigen nicht den technischen Fortschritt. Die heute schon bestehenden ca. 30.000 WEA könnten sogar auf 24.000 Standorte reduziert werden, wenn alle auf heutige Anlagengrößen von 5 -10 MW repowered würden.6 Damit und mit dem Ausbau der Photovoltaik lässt sich eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien in Deutschland erreichen.7

5 https://www.energieatlas.nrw.de/site/planungskarten/wind

6 Fell, H.J.: https://hans-josef-fell.de/neue-kurzanalyse-wie-viele-windra%CC%88der-braucht-deutschland-fu%CC%88r-eine-vollversorgung-mit-100-erneuerbaren-energien/

7 Kemfert et al.: https://www.diw.de/de/diw_01.c.821878.de/publikationen/wochenberichte/2021_29_1/100_prozent_erneuerbare_energien_fuer_deutschland__koordinierte_ausbauplanung_notwendig.html

“5. Strom muss Millisekundengenau erzeugt werden“

Auch das ist im Prinzip richtig, aber genau diese Anforderung leistet heute schon die bestehende Regeltechnik- und zwar europaweit. Gerade die alten Grundlastkraftwerke auf Kohle- und Kernkraftbasis sind nicht in der Lage, ihre Leistung schnell zu verändern. Hier springen dann heute schon Gaskraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke zur Deckung von Spitzenlasten ein. Die Anforderungen an die Lastregelung werden mit den Erneuerbaren Energien deutlich steigen, aber das ist allen Akteuren bewusst. Die Antwort heißt Energiemanagement (Demand Side Management) und „Smarte Netze“, d.h. digital geregelte Steuerung von Verbrauch und Produktion. Dabei werden zukünftig Großspeicher, aber  auch private Stromspeicher in Industrie und Haushalten sowie intelligente Stromzähler („Smart Meter“) eine wichtige Rolle spielen.8

8 https://www.dena.de/themen-projekte/energiesysteme/flexibilitaet-und-speicher/demand-side-management/

„ 6. Landschaft und Naturschutz“

 Rotmilan, Schwarzstorch und die anderen Vogelarten kommen in Nümbrecht und darüber hinaus im ganzen Bergischen Land und Sauerland vor – Rotmilan und Schwarzstorch dabei sogar in sehr hoher Dichte, so dass die Regionen eine hohe Verantwortung für den Schutz dieser Arten haben. Das Artenschutzproblem betrifft also nicht nur Nümbrecht!

Es wird darauf ankommen, bei der Planung und Umsetzung von Windkraftanlagen – und zwar im gesamten Mittelgebirge – möglichst viel für den Schutz dieser Arten zu tun: durch differenzierte Raumnutzungskartierungen und Abschalt-Mechanismen wie DTBird 9 . Dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen. Es wird trotzdem nicht ohne tote Vögel und Fledermäuse abgehen. Der Einfluss der Windkraft ist aber nicht so groß wie behauptet: Alleine an Gebäuden und Stromleitungen sterben jährlich mehr als 110 Mio Vögel, weitere 70 Mio Vogelopfer kostet der Verkehr! Die Vogelopfer an Windkraftanlagen werden auf ca. 100.000 Tiere jährlich geschätzt. 10

Dennoch muss auch das Oberbergische seinen Beitrag zur zukünftigen Energieerzeugung leisten und das wird nicht ohne Windkraft gehen können. Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und des Artenschutzes werden wir hinnehmen müssen. Wer das nicht vor der eigenen Haustür will, muss sagen wo in Deutschland diese Beeinträchtigungen hingenommen werden sollen, um eine Stromversorgung zu garantieren. Nur so ist Klimagerechtigkeit für die Menschen und die Natur machbar. Der Klimawandel wirkt sich bereits heute dramatisch auch auf die Natur im Oberbergischen aus, der Klimawandel ist eine entscheidende Ursache für das fortschreitende Artensterben. Der Kampf dagegen wird auch uns selbst etwas abverlangen.

9 https://www.birdconsult.de/deutsch/vogelschutz/vogelschutz-in-windparks/

10 https://www.focus.de/wissen/klima/das-oel-geht-aus-und-windraeder-toeten-voegel-energie-mythen-teil-1_id_1721761.html

 „7. Wir haben die Möglichkeit „Nein“ zu sagen“

Richtig. Oder auch Ja. Denn die Energiewende ist unsere größte Chance!

Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute für uns alle spürbar. Hitzeextreme und Extremwetterereignisse werden immer häufiger und verursachen unglaubliches Leid und hohe Kosten. Die Auswirkungen für Menschen, Tier und unsere Ökosysteme sind bereits sichtbar und wissenschaftlich gut erforscht.11 Zahlreiche internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich einig: um den Treibhausgas-Ausstoß zu senken und die fortschreitende Erderwärmung zu begrenzen, müssen die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Zusätzlich sorgt die Energiewende für eine bessere Luftqualität und für eine bessere Gesundheit.

Die dargestellte Berechnung zum Anteil der Windenergie am Primärenergiebedarf führt jedoch in die Irre. Zur Primärenergie gehören alle Energieträger, vom Holz bis zum Uran. Die große Herausforderung unserer Zeit besteht darin, die fossilen Rohstoffe nicht länger zu verbrennen- denn wir brauchen sie dringend z.B. als Grundstoff der Kohlenstoffchemie z.B. für Medikamente. Strom stellt deshalb zukünftig den wichtigsten Energieträger dar, auch für alle Mobilitätsformen. Dieser wachsende Bedarf muss klimaneutral erzeugt werden, wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten wollen.

Atomkraft ist hierbei ebenfalls keine Lösung. Bis heute gibt es keinen Ort für ein Atommüllendlager und die Stromerzeugung durch Atomkraft ist mit erheblichen Sicherheitsrisiken und ungeheuren Kosten verbunden. Erneuerbare Energien sind bereits heute eine wichtige Stromquelle in Deutschland, und diese wird immer preiswerter. Aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse stammen 2021 schon 41% des Stroms.11 Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ließe sich in den nächsten 10 bis 15 Jahren der Energiebedarf in Deutschland gänzlich durch erneuerbare Energien decken. 7 Dabei schreiben Sonne und Wind keine Rechnung!

Der Rat der Gemeinde Nümbrecht (CDU, B90/Die Grünen, SPF, FDP; GUD und Die Linke) hat am 22.09.2022 mehrheitlich beschlossen, die Entscheidung, ob die Gemeindewerke Nümbrecht GmbH (GWN) Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Nümbrecht zur Eigenversorgung der Bürger und Bürgerinnen sowie der Nümbrechter Gewerbebetriebe errichten soll, an die Bürgerinnen und Bürger abzugeben. Der Rat hat der Durchführung eines Ratsbürgerentscheids mehrheitlich zugestimmt.

Jetzt haben Sie, als Nümbrechter Bürgerinnen und Bürger, die Wahl für eine klimafreundliche, zukunftsfähige und preiswertere Energieversorgung mit Ihren JA zu stimmen.

11 https://www.umweltbundesamt.de/themen/mehr-gruener-strom-mehr-erneuerbare-waerme-im-jahr