EZB-Bankenaufsicht verfügt europaweiten Dividendenstopp: Banken sollen sich mit Rücklagen gegen Corona-Krise wappnen

Die europäische Bankenaufsicht (SSM) hat in einer Eilsitzung am Freitag den knapp 120 größten Instituten der Eurozone die Ausschüttung von Dividenden sowie Aktienrückkäufe vorübergehend untersagt. Das Aufsichtsgremium (Supervisory Board) entschied, dass die von der EZB direkt beaufsichtigten Banken bei den jetzt im Frühjahr anstehenden Hauptversammlungen Beschlüsse zur Gewinnverwendung auf Oktober verschieben müssen. Der SSM ist damit die erste Aufsichtsbehörde, die verbindliche Beschränkungen erlässt. Anfang der Woche hatte die deutsche Finanzaufsicht BaFin lediglich empfohlen, von Aktienrückkäufen abzusehen und vor der Zahlung von Dividenden und Boni zweimal nachzudenken. Wegen der Corona-Pandemie werden voraussichtlich zahlreiche Unternehmen und Privathaushalte in den nächsten Wochen Insolvenz anmelden. Die Banken müssen vergebene Kredite dann abschreiben, was ihr Eigenkapital schmälert.

Noch am 20. März hatte der SSM Kapitalentlastungen in Höhe von rund 120 Milliarden Euro beschlossen und dabei die Banken angehalten “die positiven Auswirkungen dieser Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft zu nutzen und nicht zur Erhöhung der Dividendenausschüttungen oder der variablen Vergütung”. Dessen ungeachtet hatten mehrere Geldhäuser signalisiert, dass sie an Ausschüttungen festhalten wollen. Daraufhin hatte ich öffentlich und im Europaparlament gefordert, Banken die Ausschüttung von Dividenden und den Rückkauf von eigenen Aktien einstweilen zu verbieten.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Die Entscheidung der EZB ist richtig und notwendig. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für Banken, ihren Aktionären zu schmeicheln oder Kurspflege zu betreiben. Die Anordnung der EZB sollte die BaFin zum Anlass nehmen, ebenfalls einen harten Dividendenstopp auszusprechen. Die BaFin ist jetzt gefordert mit verbindlichen Regeln auch beim Thema Dividenden für gleichmäßigen Anstand und fairen Wettbewerb zu sorgen. Gut dass Europa konsequent handelt, wo die nationale Bankenaufsicht noch Samthandschuhe anhat.

Europaweit dürfen Bankaufseher nicht zulassen, dass Banken die jüngsten Erleichterungen bei den Kapitalanforderungen in generöse Ausschüttungen umleiten. Während die europäische Realwirtschaft in die Gefriertruhe gesteckt wird, müssen auch die Finanzinstitute eine vorsichtige Ausschüttungspolitik verfolgen. In dieser kritischen Situation sollen Steuergelder unsere Gesundheitssysteme und die Realwirtschaft unterstützen und nicht erneut nachlässig handelnde Banken retten müssen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Corona-Pandemie auch in den Bankbilanzen ankommt und dann werden die Institute jeden Euro an Rücklagen gebrauchen können. Sobald im Herbst die Bonus-Saison naht, muss auch eine Beschränkung exzessiver Boni in den Blick genommen werden.

Heute freue ich mich, dass grüne Forderungen so schnell europaweit Realität geworden sind.”

Mein Aufruf für ein Dividendenverbot im Handelsblatt vom 26. März 2020:
https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/coronakrise-gruene-verlangen-dividenden-verbot-fuer-banken/25685312.html?ticket=ST-76139-eEDpnkeb6gTS2AchHTii-ap3

Von der EZB heute beschlossene Beschränkungen für Ausschüttungen:
https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ssm.pr200327~d4d8f81a53.en.html

Von der EZB am 20. März 2020 beschlossene Entlastungen der Banken:
https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ssm.pr200320~4cdbbcf466.en.html

[Quelle: https://sven-giegold.de/ezb-verfuegt-dividendenstopp/]

Verwandte Artikel